Ein großes Land Art und Environmental Art Projekt befindet sich im oberschwäbischen Wilhelmsdorf. Auf Initiative der Künstlerin Christiane Lehmann [*1954] entsteht im Pfrungener Ried eine große Land Art Anlage, die auch von der Landesstiftung Baden Württemberg getragen wird.
Lehmann ist eine spätberufene Künstlerin. Geboren in Löcknitz, studiert sie von 1974 bis 1980 Zahnmedizin in Tübingen, beginnt aber 1993 eine Ausbildung als Kunsttherapeutin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in München, 2011 erwirbt sie noch das Kunstdiplom nach ihrem Studium der Bildhauerei an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter. Seit 2000 stellt sie ihre Werke regelmäßig aus, zunächst noch Zeichnungen und Malerei, bald schon aber wendet sie sich der Environmental Art zu.
Lehmann interessiert sich besonders für die Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur. Sei es der moderne Mensch in der technisierten Gesellschaft, der kaum noch eine Gemüsesorte von der anderen unterscheiden kann, oder nomadische Völker, die eine ganz eigene Wahrnehmung der lebensfeindlichen und lebensspendenden Natur haben. Ihre erste eigene Environmental Art Arbeit oder vielmehr ihre erste landschaftsbezogene Installation besteht aus acht angeordneten Quadern aus Altpapier, die sie wie bei Steinsetzungen steinzeitlicher Kulturen um einen See arrangiert. Sie ordnet so den Natureindruck entlang der einfachen geometrischen Form der Quader, das vitale Chaos der Natur wird gebändigt und die Landschaft zentriert und wohlgeordnet. Zentrum dieser landschaftsbezogenen Installation ist die Transformation der Wahrnehmung, ausgehend von der ungeordneten Natur zur geschaffenen Landschaft bis hin zur medititativen Ruhe, die der Betrachter im Austausch mit der Installation erfährt: Die Transformation der Wahrnehmung ist zentrales Element der Arbeiten Lehmanns. In Wilhelmsdorf richtet Lehmann 2000 einen Environmental Art Pfad ein, dieser 1,5 km lange Rundgang führt an 26 Kunstwerken der Environmental Art vorbei. Mittlerweile hat die Natur einige Werke zurückerobert und sie reintegriert, viele Werke sind aber noch zu sehen, so eine Holzkonstruktion von Holzstreben, die in den Himmel ragen und Wald simulieren, andere Holzstangen formen einen überspannten Raum im Stil von tipis oder Jurten. Engmaschige Netze mit feinen Noppen erinnern an Nebel, Spinnnennetze oder Froschlaich und eine in sich gewundenen Holzkonstruktion gemahnt an eine Schlange. Lehmanns eigene Arbeiten sind aber leider nicht mehr zu sehen, die Stuhlplantage, ein beschinittener Pappelhain, wurde abgemäht, ein bemalter Baum vom Blitz zerstört. Aber auch mit Torf un Sand sowie anderen Naturmaterialien beschäftigt sich Lehmann.
von Karin von Maur
erschienen im Kohlhammer Verlag
Auflage 1, 21. Februar 2013
Auszug aus: Zwischen Farbe und Form: 60 Jahre Kunst in und aus Baden-Württemberg